Zugspitz Ultratrail 2016


Wie es mir beim Zugspitz Ultratrail, meinem ersten 100 Kilometer Lauf rund um die Zugspitze und das Wettersteingebirge erging, könnt ich euch hier ansehen und/oder weiter unten in meinem Laufbericht durchlesen. Am Ende findet ihr noch ein weiteres Video – dies ist etwas länger da  ungeschnitten und hat keine Hintergrundmusik sondern den original Ton.

Video vom Zugspitz Ultratrail 2016

Video vom Zugspitz Ultratrail 2016

Video zum 6. Zugspitz Ultratrail 2016 in Grainau (Garmisch-Partenkirchen)


Laufbericht Zugspitz Ultratrail

 

Startschuss in Grainau

07:15. Die ersten 200 Meter des Zugspitz Ultratrail sollten wohl mit zu den Langsamsten zählen. Nach dem Startschuss durften wir die ersten Meter bis zur Hauptstraße hinter der Blaskapelle marschieren, die uns den Takt vorgegeben hat. Das ist eine tolle Idee, da die Zuschauer alle noch Zeit hatten, noch scharfe Bilder von ihren Freunden oder Familienmitgliedern zu machen. Bald darauf ging es aber auch schon los. So richtig los. Der lange Tross von ca. 700 Läufern machte sich auf die knapp 102 km lange Strecke um das Zugspitzmassiv. Herrliches Wetter, milde Temperaturen, ein überwältigendes Bergpanorama und viele begeisterte Zuschauer in Grainau machten richtig Lust auf das Trailabenteuer.

Kurz nach dem Startschuss des 6. Salomon Zugspitz Ultratrails in Grainau.

Kurz nach dem Startschuss des 6. Salomon Zugspitz Ultratrails in Grainau.

Nach wenigen Minuten waren wir auch schon weg von der Straße und folgten ab Hammersbach dem Hammersbach. Hier ging es auch schon etwas länger bergauf und gab uns einen leichten Vorgeschmack auf das was wir noch vor uns hatten – unzählige Höhenmeter und eine faszinierende Natur.

Die ersten Höhenmeter nach Hammersbach

Die ersten Höhenmeter nach Hammersbach

Wie so immer versucht man insbesondere in den ersten Minuten in seinen Körper reinzuhören, um zu merken, ob die Tagesform passt oder ob doch etwas zwickt. Bei mir kam bei diesem ersten Anstieg das Alarmsignal aus der Wade. Na toll, dachte ich. Gerade nicht mal 5 km auf der Strecke, und schon stehst du kurz vor nem Wadenkrampf. Um auf Nummer Sicher zu gehen, habe ich gleich eine Salztablette mit reichlich Wasser runtergespült. Schaden kann es ja nicht, dachte ich mir. Geschadet hat es auch nicht – die Wade wurde wieder – ob jetzt von der Tablette oder weil sie inzwischen warm gelaufen war. Inzwischen waren wir bei 1.000 hm angekommen. Ab dort ging es wieder eher flach auf engen, teils auch von dem vielen Regen der Vortage aufgeweichten und glitschigen Trails dahin. Nachdem die rutschigen Passagen hinter uns lagen, konnte man den Blick nach rechts Richtung Tal schweifen lassen. Vom Eibsee her durchzogen Nebelschwaden das Tal und verliehen der Landschaft einen wunderschönen Reiz.

Die nächsten Kilometer bis zur ersten Verpflegung vergingen wie im Fluge. Breite Forstwege gaben nochmals die Möglichkeit einen schnellen Schnitt zu laufen. Und da – schon die erste Läuferin der es nicht so gut erging und leider schon aufgeben musste. Mein Ziel, die beiden Trinkflaschen bis zur V1 zu leeren, hatte ich geschafft. An der V1 habe mich mit frischem Iso-Drink und Wasser versorgt, aus der Power-Bar Kiste zwei Stück Riegel genommen und mich an das zweite Teilstück gemacht.

 

V1 Eibsee – V2 Gamsalm

Bergauf - Kurz nach der V1.

Der erste richtig knackige Anstieg nach der V1 mit tollem Bergpanorama

Da war er – der erste steile Anstieg. Auf matschigem Weg grub sich das Profil meiner Schuhe tief in den Weg hinein und Schritt für Schritt ging es immer weiter hoch. Klack klack klack hörte man hinten und vorne den Einsatz der Stecken der Läufer. Außer dem Schnaufen der Läufer und den Klängen der Natur war Ruhe – absolute Ruhe. Jeder versuchte, seinen Rhythmus am Berg zu finden, denn die ersten 600 Höhenmeter am Stück waren zu bewältigen. Das Wetter war noch immer traumhaft. Tolle Motive für die GoPro, die ich mit mir trug. Des Öfteren überholten mich Läufer von hinten. Mein Blick richtete sich permanent auf meine Pulsuhr. Nur nicht überzocken! Nur den Puls niemals über die 160 schnellen lassen, dachte ich mir.

Auf dem Weg Richtung Gamsalm

Auf dem Weg Richtung Gamsalm

Mit diesem Vorsatz habe ich dann auch den ersten Anstieg bis auf 1.600 m gut gemeistert. Nun folgte ein rasanter Downhill, anfangs noch als Trail – später dann aber auf einer Teerstraße. Gedanklich war ich ja eigentlich schon bei der nächsten Verpflegungsstelle Gamsalm (V2), aber irgendwie hat sich da noch ein zweiter fieser Anstieg dazwischen gemogelt. Der Blick nach vorne verriet nichts Gutes. Es war kein Ende der Steigung in Sicht. Also wieder Skipiste nach oben! Nachdem ich mich hier hochgekämpft hatte, folgte ein weiterer Downhill auf der breiten grünen Skipiste. Es ging sehr steil bergab, aber die Gamsalm war zu sehen und Stärkung war in Sicht.

Die zweite Verpflegungsstelle Gamsalm

Die zweite Verpflegungsstelle Gamsalm

Hier warteten auch schon Markus und Jochen auf mich. Ich war von den ersten Kilometern schon etwas angeschlagen und nicht mehr sehr redefreudig. Also Pflichtprogramm bei der Verpflegung: Flaschen auffüllen, ein Gel schnappen, und weiter gings.

 

V2 Gamsalm – V3 Pestkapelle

Die nächsten Kilometer sollten sehr trailig werden. Rauf – runter – rechts – links. Ich habe schon jetzt in manchen Passagen keinen Läufer mehr vor oder hinter mir gesehen. Und da – ein Schrei von oben – fast hätte ich auf einem Downhill eine scharfe Linkskurve nach links oben verpasst aber ein Läufer oberhalb von mir hat das erkannt und mich gewarnt. Nun folgten wirklich unangenehme Meter. Es war superglitschig. Ohne Stöcke war an ein Hochkommen kaum zu denken. Dieser Anstieg hat wieder weitere Körner gekostet. Ich war mehr als froh, als das Stück zu Ende war und wir wieder auf normalen Forstwegen Tempo aufnehmen konnten. Bis zur V3 ging es dann immer weiter bergauf auf geteerten Wegen und Forststraßen. Viele Teile dieser Strecke waren nur im Gehen zu bewältigen. Auch im Hinblick auf die noch vielen Kilometer und Höhenmeter die vor mir lagen. Dann war ich endlich an der V3. Die Gegend kam mir von der Zugspitz Trailrun Challenge sehr bekannt vor. An der V3 wartete Markus bereits auf mich. Er ist mit der Gondel von Ehrwald (Ehrwalder Almbahn) nach oben gefahren und wollte mich von dort von der Ehrwalder Alm aus ein paar Meter mit seinem MTB begleiten. Die Verpflegungsstation lag bereits auf 1.600 m. Es ist kalt geworden. Die Sonne kam nur noch ab und zu zum Vorschein und wurde von tief hängenden Wolken verdeckt. Um der Kälte vorzubeugen, habe ich mir an der Verpflegung heißen Tee in meine Flaschen einfüllen lassen. Der Helfer meinte nur zu mir, dass ich der Erste war, der nach Tee gefragt hat. Frisch gestärkt machte ich mich wieder auf den Weg.

 

V3 Pestpkapelle – V4 Hämmermoosalm

Markus folgte erst, nachdem er seine GoPro wieder in seinem Rucksack verstaut hatte. Doch der Plan, mich mit dem Mountainbike ein Stück weit zu begleiten war zum Scheitern verurteilt. Keiner hatte an die neue Streckenführung gedacht. Den Weg, den wir zusammen laufen/fahren wollten, gab es nicht. Anstatt dessen eine brutale Steigung auf der “Umleitung”. Markus versuchte noch ein paar Gänge herunterzuschalten und die Steigung in Angriff zu nehmen, musste aber schon nach wenigen Metern abbrechen. Zu steil ging es hier nach oben. So trennten sich unsere Wege schon nach wenigen Minuten. Mein Blick richtete sich wieder nach oben. Das was ich sah, sah nach Plagerei aus.

Umleitung Pestkapelle

Umleitung Pestkapelle

Die Steigung wollte und wollte nicht aufhören. Wenn man sich die Enge der Höhenlinien auf der Karte im nachhinein betrachtet, weiß man warum. Nur mit Stockeinsatz war der Anstieg einigermaßen zu bewältigen. Viele Läufer blieben auch kurz stehen, um sich wieder zu erholen. Es ging hinauf zum Issentalköpfl auf ca. 1.900 m. Nach dem Anstieg ging es über Wiesen wieder ein kurzes Stück hinab, bevor es wieder zum Feldernjöcherl (2.045 m) hinauf ging. Die Landschaft war hier atemberaubend. Wir waren jetzt wirklich mitten im Hochgebirge. Die Trails waren teils sehr matschig bzw. geröllig. Die Wolken wurden immer dichter und die ersten Graupelkörner verhießen nichts Gutes. Kräftetechnisch war ich an diesem Punkt schon ziemlich ausgelaugt. Und ich war ja erst bei KM 30 angelangt! Und da – ein leuchtend Oranges Schild – “Höchster Punkt der Strecke” – Kurze Pause um ein kurzes Video davon und von dem Bergpanorama zu machen!

Höchster Punkt des ZUT

Höchster Punkt des ZUT

Der größte Spaß fing aber kurze Augenblicke danach an. Es ging über ein Schneefeld nach unten. Das Stück war zusätzlich seilversichert, sodass man alles unter Kontrolle behalten konnte. Es war eine Mischung zwischen Rennen und Rutschen und hat richtig Laune gemacht.

Schneepassage beim ZUT 2016

Schneepassage beim ZUT 2016

Nach dem Spiel im Schnee ging es wieder auf die Trails zurück. Hinab und weiter hinab, um dann nach einer Flussüberquerung einen weiteren Anstieg zu überstehen. Weiter oben dann sprang ein junger wilder Kerl namens Philipp Reiter rum (einer deutschen top Trailrunner) und machte Bilder von uns herbeistolpernden Trailrunnern. Nachdem auch dieser Anstieg endlich bewältigt war, ging es hinab Richtung Hämmermoosalm. 4 km Gefälle waren es noch, rief uns ein Streckenposten am Wegesrande zu.

Kurz von der Hämmremoosalm

Kurz von der Hämmremoosalm

 

V4 Hämmermoosalm – V5 Hubertushof

An der Verpflegung Hämmermoosalm traf ich wieder auf Jochen und Markus und schilderte kurz und knapp von den letzten Kilometern wenn ich grad nichts im Mund hatte. Ich nahm mir hier etwas länger Zeit, um mich am Trailrunner-Buffet zu stärken. Von Erdnussbutterbrot über Salami und Wassermelone gab es eigentlich alles was das Ultraläufer-Herz begehrte.

Verpflegung Hämmermoosalm

Verpflegung Hämmermoosalm

Ich aß viel – vielleicht auch etwas zu viel. Die Pause an der Verpflegung und herbeiziehende Regenwolken kühlten mich aus. So füllte ich meine beiden Softflasks abermals mit heißem Tee auf und zog meine Regenjacke darüber. Das tat gut. Die Teeflaschen waren wie eine Heizung und spendeten meinem Körper wohltuende Wärme.

Aufbruch Richtung Scharnitzjoch

Aufbruch Richtung Scharnitzjoch

So ging es wieder weiter Richtung Scharnitzjoch. Auf den nächsten Kilometern durch den Wald war ich für mich alleine unterwegs. Ich sah kaum einen Läufer vor oder hinter mir und kämpfte mich Stück um Stück über schmale Singletrails nach oben. Teilweise war ich mir schon unsicher, ob ich überhaupt noch auf dem richtigen Weg war, da ich ein Stück lang keine Markierung mehr sah. Kurz darauf erreichte ich auch schon die Wangalm. Jetzt kannte ich mich wieder aus, denn hier waren wir schon im letzten Jahr beim Supertrail entlanggelaufen. Und der Weg nach oben zeigte auch, dass hier schon einige hundert Läufer unterwegs gewesen sein mussten. Denn die weichen Pfade waren schon gut durchgepflügt.

Die letzten Meter vorm Scharnitzjoch

Die letzten Meter vorm Scharnitzjoch

Ich erreichte das Scharnitzjoch gefühlt relativ schnell. Oben war wieder ein Zelt von der Bergwacht aufgeschlagen – dort wo im Jahr zuvor noch ein Schneemann die Läufer begrüßte.

Ankunft am Scharnitzjoch

Ankunft am Scharnitzjoch

Im Jahr zuvor hatte es mich auf dem folgenden Downhill zwei mal richtig schön hingelegt, daher bin ich an sehr matschigen Passagen mit einer extra Portion Vorsicht gelaufen oder auch gegangen. Doch das hat alles nichts geholfen. Es war so schmierig, dass ich selbst im Gehen den Halt verlor und dreckverschmiert weiter talabwärts laufen musste.

Wenige Meter vor dem Hubertushof

Wenige Meter vor dem Hubertushof

V5 Hubertushof – V6 Mittenwald

Nächster Halt Hubertushof. Dort lag meine Dropbag mit frischer Kleidung und Schuhen. Es war eine Wohltat aus meinen Adidas Terrex Agravic zu schlüpfen, die eingesauten Socken auszuziehen und gegen ein frisches Paar einzutauschen.

Schuh- und Sockenwechsel

Schuh- und Sockenwechsel

Trotzdem war es auf die ersten Kilometer ein recht komisches Gefühl nach gut 40 Kilometern mit einem anderen Schuhwerk weiterzulaufen. Aber nach ein Paar Kilometern hatten sich die Füße daran gewöhnt. Die nächsten Kilometer zählten vom Streckenprofil her zu den einfachsten. Es ging auf breiten Forstwegen entlang Richtung Leutaschklamm und dann dort hinab bis nach Mittenwald. Dort wartete auch schon die nächste Verpflegung auf mich. Doch ganz so spritzig war ich auf diesem Streckenabschnitt nicht mehr. Ich legte selbst auf den Flachpassagen die ein oder andere Gehpause ein. Der wahre Kampf hatte begonnen.

 

V6 Mittenwald – V7 Ferchensee – V8 Partnachalm

Verpflegungsstelle bei Mittenwald

Verpflegungsstelle bei Mittenwald

Ab Mittenwald ging es wieder zurück auf die Trails. Der Weg war mir zumindest bis zum Ferchensee bekannt. Ab dann war die Strecke Neuland für mich, denn PlanB hat in diesem Jahr die Zugspitz Ultratrail Route verlegt und wollte die Läufer mit noch mehr Trails und Abwechslung beglücken.

Am Ferchensee

Am Ferchensee

Als ich den Ferchensee erreichte, hatte ich auch gleich die nächste Verpflegung (V7) erreicht. Eine Verpflegung die gerade mal 4,7 km hinter der in Mittenwald kam, dass sie eigentlich schon fast überflüssig war.

 

Vom Ferchensee aus ging es wie gesagt auf die neue Strecke. Lange Zeit folgten wir wieder einer breiten Forststraße. Bergauf eher im Gehtempo und in der Geraden bzw. bergab ging es im schweren Trab weiter, um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Mein Traum wäre gewesen, denn ZUT bei Tageslicht zu finishen. Aber hier wurde es mir klar, dass ich dieses Ziel wohl nie schaffen werde und froh sein könnte, wenn ich bei Tageslicht zumindest noch die Verpflegung Längenfelder erreichen würde. Ich muss in dem Zusammenhang vielleicht noch erwähnen, dass ich während des ganzen Laufs nur auf meine Uhr geschaut habe um den Puls zu checken. Die verstrichene Zeit oder wahrscheinliche Ankunftszeit habe ich mir nie ausgerechnet und bin einfach nach Gefühl gelaufen.

 

Nach ein paar Kilometern ging es dann endlich wieder zurück auf die Trails. Doch diese führten uns nur ein paar hundert Meter hinab nach Elmau. Der Blick war nach vorne gerichtet und so hab ich vom Schloss Elmau eigentlich nichts mitbekommen. Und da an der Straße waren wie an vielen Knotenpunkten zuvor auch wieder Jochen und Markus und machten zusammen mit anderen “Wegelagerern” super Stimmung.

Bei Schloss Elmau

Bei Schloss Elmau

Dann verschluckte uns wieder der Wald. Der Weg führte uns wieder nach oben Richtung Eckbauer (dort führt die berühmte Eckbauerbahn von Garmisch Partenkirchen hinauf). Keiner von uns Läufern hätte gedacht, dass sich dieser Streckenabschnitt noch so in die Länge ziehen würde.

Trüber Blick Richtung Wettersteingebirge

Blick Richtung Wettersteingebirge

Oben auf der Höhe angekommen, war das Profil noch mal richtig wellig. Rauf – runter – rauf – runter und kein Ende war in Sicht. Schließlich kam dann doch noch der lang ersehnte Downhill hinab zur Partnach.

Überquerung der Partnachklamm

Überquerung der Partnachklamm

Und nach der Überquerung der Partnachklamm folgten nur noch wenige Meter bis zur vorvorletzten Verpflegung. Das war auch so eine Art Schlüsselstelle für mich. Wenn man hier noch gut drauf ist sollte einem erfolgreichen Durchkommen eigentlich nichts mehr im Wege stehen.

Die letzten 20 Kilometer bis zum Ziel

Die letzten 20 Kilometer bis zum Ziel

 

V8 Partnachalm – V9 Längenfelder

Dort angekommen hat mich eigentlich nichts von dem angebotenen Essen angelacht. Es lag aber nicht am Essen sondern an mir. Mein Körper wollte einfach nichts mehr zu sich nehmen. Ich habe mich dennoch gezwungen, eine Suppe mit Reis zu essen. Jedes Reiskorn, Stück Karotte oder Erbse darin war eigentlich zu viel. Normal kauen und schlucken war nicht. Egal – ich habe mit viel Wasser den Rest runtergespült und weiter gings. Der nächste Streckenabschnitt war hart. 729 Höhenmeter auf 7,1 km. Am Anfang ging es immer leicht wellig auf und ab und ich konnte zumindest für mein Gefühl noch gut Speed machen. Aber nach wenigen Kilometern warteten ein paar knackige Höhenmeter auf mich – der Anstieg zum Längenfelder. Diese unzähligen Kehren raubten mir die letzte Kraft. Es war steil, es wurde langsam dunkel und es begann zu regnen. Meine Stimmung war an einem Tiefpunkt angelangt. Ein Blick auf meine Pulsuhr verriet mir, dass ich meinen Puls nicht mehr über 120 Schläge in der Minute brachte. Das war eine ganz neue und noch nie erlebte Situation für mich die mich in diesem Moment beängstigte. Schritt für Schritt gewann ich an Höhe und näherte mich langsam der nächsten Verpflegung. Weit oben hört ich schon die Rufe: “Stefan, auf geht’s!!!”. Jochen und Markus feuerten wieder lautstark an. Aber ich schleppte mich teilnahmslos nach oben. Selbst lächeln fiel mir verdammt schwer.

Kurz vor der Verpflegung Längenfelder

Kurz vor der Verpflegung Längenfelder mit Supporter Jochen

Der anfangs leichte Regen war stärker geworden und kühlte mich weiter aus. Trotzdem war ich froh, die Verpflegung erreicht zu haben. Jetzt noch die “kurze” Runde bis zur Alpspitze hoch und dann habe ich es geschafft, dachte ich mir.

 

V9 Längenfelder – V10 Längenfelder

Heiße Tomatensuppe mit Nudeln und ein Becher Cola waren der Treibstoff für den nächsten Streckenabschnitt. Doch zunächst musst ich meine Stirnlampe rauskramen und meine Regenjacke anziehen. Auf eine lange Hose habe ich verzichtet. Ich dachte mir, dass es schon wieder aufhören wird zu regnen. Es war nicht leicht, das schöne warme Zelt zu verlassen und sich im Regen weiter nach oben zu quälen. Der Weg war wieder breit und die Läufer mit den Stirnlampen vor mir zeigten mir wie weit es noch nach oben gehen sollte. Ich hatte mir diese letzte Runde vom Zugspitz Ultratrail deutlich kürzer vorgestellt. Es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis ich endlich oben an der Alpspitze angekommen war.

Regen. Kälte. Dunkelheit.

Regen. Kälte. Dunkelheit.

Dort war dann auch der breite geschotterte Weg zu Ende es ging rechts weg um über Trails und Treppen wieder langsam nach unten zu kommen. Es war mittlerweile stockdunkel geworden. Im Kegel meiner Stirnlampe habe ich nur den strömenden Regen und die zigtausend Pfützen wahrgenommen. Die Trails hatten sich inzwischen in Bäche verwandelt. Ich hielt kurz inne und blieb stehen um ins Tal zu blicken. Was für ein unbeschreibliches Gefühl das war. Unten  sah man in weiter Entfernung die Lichter und ja schon fast das Ziel. Die Energie kam zurück und ich wusste: Jetzt nur noch hier runter und es ist geschafft! Die Trails die jetzt kamen haben auf einmal wieder Spaß gemacht. Die Geschwindigkeit war wieder da, und mir war auch wieder warm. Einfach durch die Pfützen & Bäche rennen – einfach mittendurch – Schuhe waren eh schon nass und durchgeweicht!

 

V10 Längenfelder – ZIEL

Schon kurze Zeit später bin ich erneut bei der Verpflegung Längenfelder vorbeigelaufen (war ja V9 und V10). Habe nicht mal mehr gehalten und bin weiter gen Tal gelaufen. Nur ein mal hab ich kurz angehalten, da mich ein anderer Trailrunner nach Batterien für seine Stirnlampe gefragt hat. Nachdem ich diese in meinem Rucksack gefunden habe ging es für uns beide hinab auf die letzten Kilometerl. Diese Kilometer waren zwar nicht einfach zu laufen, haben aber richtig Laune gemacht obwohl es mich auf dieser Strecke noch 2 Mal so richtig schön gelegt hat.

Überglücklich im Ziel

Überglücklich im Ziel

Ein mal bin ich auf einer völlig durchnässten Wiese ins Rutschen gekommen und bestimmt für 20 Meter auf meinem Allerwertesten nach unten gerutscht. Und ich hatte keine Chance zu stoppen. Nur gut, dass da keine Steine lagen. Im Tal angelangt trennten mich dann nur noch ca. 2 km bis zum Finish des Zugspitz Ultratrails.

Auch diese Kilometer gingen zügig vorüber und ich kam dem Ziel kam immer näher. Überglücklich bin ich nach 16 Stunden und 17 Minuten im Ziel angekommen. Was für ein Gefühl – mein erster 100er war geschafft!

 

Glückliche Finisher und Supporter. Jochen, Bart, ich und Markus (v. l. n. r.)

Glückliche Finisher und Supporter. Jochen, Bart, ich und Markus (v. l. n. r.)

„Nachspann“

Ernährung beim Ultralauf

Von Anfang an habe ich versucht mich beim Zugspitz Ultratrail richtig und regelmäßig zu ernähren. So habe ich zwischen den Verpflegungen (zumindest am Anfang noch) immer ein Gel genommen und versucht, beide Softflasks (je 0,5 l) bis zur nächsten Verpflegung zu trinken. An der Verpflegung habe ich diese Softflask als “faltbaren Becher” verwendet und gerade das getrunken, auf was ich Lust hatte. Das war anfangs eigentlich nur Wasser, später heißer Zitronentee oder auch Iso-Getränke. Cola gab es für mich erst an der V9 – muss aber sagen, dass mir dieser halbe Becher richtig gut getan hat und wieder Energie gespendet hat. Sicher ein kurzfristiger Effekt, hat aber wieder für ein kleines Hoch gesorgt. Essenstechnisch habe ich eigentlich alles zu mir genommen. Vom Obst her in erster Linie Wassermelonen und Orangen aber auch zwischendurch mal ein Stück Banane. Daneben gab es noch Brot (mit Erdnussbutter oder Salami), PowerBar Riegel etc. – Keinen Appetit hatte ich auf Nüsse. Bei V8 gab es Klare Brühe mit Reis (Reis kaum runterbekommen) und oben bei der V9 Tomatensuppe mit Nudeln (hat gut getan)
Salz: Habe ich in der Form von Salztabletten mit mir geführt – habe aber auch an den Verpflegungsstationen Gurke/Wassermelone gesalzen gegessen. Gegen Ende des Rennens habe ich mehr das Salz an den Vs genommen.

Was würde ich das nächste Mal anders tun?

Da ich gegen Ende kaum mehr einen Bissen runterbekommen habe und meine Leistung eingebrochen ist, würde (und habe) ich versucht meine Wettkampfernährung zu verändern und so gut wie möglich basisch zu gestalten. Also wenn möglich keine Gels und Energieriegel – > dafür habe ich inzwischen meine eigenen Power-Cookies hergestellt. Kein Brot aber Kartoffeln. Kein Zitronentee da zu viel Zucker drinnen. Und immer in kleinen Häppchen essen – also kein „Fressgelage an der Verpflegungsstelle mehr“, da kleine Portionen einfach besser zu verdauen sind.

Kleidung

Ein Kleidungsstück mehr oder weniger kann über Ankommen oder Nicht-Ankommen beim Zugspitz Ultratrail entscheiden. Während es beim Start noch angenehm warm und sommerlich war, ist es auf 2.000 Meter Höhe, Regenschauern und sogar Graupel merklich kälter geworden. Wer an diesem Punkt angekommen ist, wird über jedes Kleidungsstück froh sein, dass er noch in seinen Rucksack gesteckt hat. Für mich war die Wahl, Armlinge mitzuführen genau richtig. Man konnte sie, ohne den Rucksack abnehmen zu müssen einfach überstreifen und hat sich schon deutlich angenehmer gefühlt. Auch das zusätzliche Unterhemd hat mich zumindest etwas vor den einstelligen Temperaturen geschützt. Ich würde beim nächsten Lauf sicherheitshalber noch ein langärmliges Unterhemd extra mitführen. Bei diesem Lauf hatten wir Glück, dass der Wind nur sehr schwach war – was wäre aber bei einem noch krasseren Wetterumschwung? Wer dann noch eine extra Schicht mehr mit sich führt, wird sicher froh sein, wenn er diese im ausgekühlten Zustand aus seinem Rucksack nehmen kann. Genau dasselbe betrifft die Laufhose. Bei diesem Lauf hatte ich eine ¾ Tight dabei und extra Wadenüberzieher. Wäre ich 20 Minuten später zur V9 gekommen, hätte ich wahrscheinlich meine Laufshorts dagegen eingetauscht. Da ich aber erst kurz nach der V9 in den strömenden, kalten Regen gekommen bin, ist die Option für mich ausgeschieden. Meine Shorts waren zwar tropfnass und meine Oberschenkel eiskalt – beim Bergablauf sind diese aber relativ schnell wieder warm geworden und ich hatte muskulär keine Probleme bis ins Ziel.

Trailrunning-Schuhe:

Adidas Terrex Agravic

Adidas Terrex Agravic

Getragen habe ich anfangs auf den technisch schwierigen Trails die Adidas Terrex Agravic (nicht wasserdicht). Bin damit ganz gut zurecht gekommen und habe nicht wie in der Vergangenheit bei dem Schuh mit Blasen an der kleinen Zehe zu kämpfen gehabt. Ich muss dazu sagen, dass ich meine Füße in der Nacht zuvor und auch nochmals am Morgen mit Xenofit SecondSkin eingecremt habe, was sicher geholfen hat, völlig blasenfrei durch das Rennen zu kommen. Ab der V4 (also Halbzeit) habe ich das Schuhwerk gewechselt und bin auf die Brooks Cascadia 10 (nicht wasserdicht) umgestiegen.

Schuh Wechselbeutel mit den Brooks Cascadia

Schuh Wechselbeutel mit den Brooks Cascadia

In diesen Schuhen habe ich im vorderen Bereich wesentlich mehr Platz für meine Zehen. Der Schuh sitzt bei mir wirklich richtig gut, hat aber nicht den nötigen Biss, wenn es auf technisch anspruchsvollen und vielleicht auch noch glitschigen, wurzeligen Trails gen Tal geht. Ich habe aber nicht nur die Schuhe, sondern auch gleich noch die Socken gewechselt. Hier bin ich bei den Craft Trailrunning Socks geblieben. War eine gute sockentechnische Wahl.


Zweites Video zum ZUT 2016

Wer Interesse hat, kann sich auch gerne noch die lange Version meiner Aufnahmen als YouTube Clip ansehen. Ich habe hier bewusst keine Musik dahintergelegt, damit man noch meine Kommentare in der jeweiligen Situation verstehen kann.


Links

Vielen Dank an dieser Stelle an Jochen & Markus (exito GmbH & Co. KG) für den großartigen Support und für das Bildmaterial! Die sehr gelungene exito-Gipfelstürmer-Story könnt ihr euch übrigens hier ansehen!